17. IRONMAN Klagenfurt, 28.6.2015
Christina Konlechner
…die
letzten Tage davor…
Eine Ironman Teilnahme plant man ja nicht von heute auf
morgen, da müssen schon einige Faktoren stimmen, dass man sich ein Jahr vorher
zumindest einmal entscheidet dass man teilnehmen will. Meine Entscheidung fiel
knapp 1 Jahr und 3 Monate vor dem 17. Ironman Austria. Doch plötzlich sind es
nur mehr 2 Wochen bis zum Ironman, dann ist es nur noch eine Woche und dann
beginnt man die Tage zu zählen. Das intensive Training hat längst aufgehört,
jetzt geht es ums relaxen und ums gesund bleiben.
Natürlich kommt man beim See vorbei und da wo normalerweise
Hunde toben und mit deren Herrchen spielen, wächst eine Zeltstadt – die
Ironcity. Jeden Tag werden es mehr Zelte, die Tribünen kommen dazu, der VIP
Bereich und Last but not Least die Finishline. Am Tag darauf öffnet die
Registrierung, es ist schon etwas Besonderes wenn man sich die Startnummer für
den ersten Ironman abholt. Regelmäßig hatte ich schon sehr nervöse und
emotionale Momente in den Tagen vorm Start. Ich war aufgeregt und gleichzeitig
freute ich mich aber auch auf Sonntag.
Am Samstag wurde das Rad eingecheckt. Es ist für mich immer
wieder eine Herausforderung alle Sachen in die Säcke zu packen und das Rad
fertig zu machen, man muss an so viele verschiedene Sachen denken, wobei aber
Checklisten sehr gut helfen. Nachdem ich alles in die Wechselzone gebracht
habe, kontaktierten mich meine Eltern, da sie schon am Samstag angereist sind.
Meine Mutter brachte mir zum Glück Kaugummis und Kügelchen gegen die Aufregung
mit, sonst hätte ich in der Nacht vermutlich nicht so gut geschlafen. Immer an
meiner Seite: mein Freund, Lebenspartner, (Mental) Coach, und bester Zuhörer
Martin. Er hat meiner Meinung nach nicht nur einen, sondern Millionen Orden
verdient, da er mich nicht nur ausgehalten hat die Tage davor, sondern auch
unterstützt hat wo es nur geht und wie es nur geht, DANKE dafür.
…die
letzten Stunden davor…
Sonntag 03:45 Tagwache – hier stellte ich mir das erste Mal
die berühmte „Warum“ Frage. Aber, ich wusste ja auf was ich mich einlasse und
wischte dieses Wort gleich wieder weg aus meinem Kopf, bis zum Radfahren kam es
auch nicht wieder, aber dazu später mehr. Ich hatte erstaunlich viel Appetit in
der Früh und nutzte die Gunst der Stunde und aß so viel ich konnte, um nicht
schon beim Schwimmen Probleme zu bekommen. Nach einigen Albernheiten am
Frühstückstisch, einem Kaffee und Müsli ging es schon los zum See. Mein Handy
hörte fast gar nicht mehr auf zu klingeln vor lauter Glückwunsch Nachrichten.
Um mich auf das wesentliche zu konzentrieren, gab ich dieses dann vertrauensvoll
in Martins Hände. In der Wechselzone alles erledigt, auf zum Strandbad. Der
Neoprengeruch weckte den Wettkampfgedanken in mir. Wellen an Nervosität
erreichten mich, aber durch Freunde und Familie wurde alles relativ ruhig, und
die Zeit bis zum Start schien zu verfliegen…
…das
Schwimmen…
07:12 – 3, 2, 1 … Start, Puls 151 und einfach schwimmen.
Dank dem Wellenstart keine einzige Prügelei bis zur ersten Wendeboje. Dort
kamen dann schön langsam aber sicher die langsameren Schwimmer der vorherigen
sieben Wellen zum Vorschein. Es war ein ziemlicher Kampf, noch dazu kam, dass
nebenher das Wörtherseeboot gefahren ist und nicht ignorier-bare Wellen
geschlagen hat.
Nächster Anhaltspunkt, Wendeboje in Richtung Maria
Loretto/Lendkanal – um die Boje geschwommen – zack aus – keine Sicht mehr, eine
gerade aufgehende Sonne strahlte mit all ihrer Kraft entgegen alle Athleten.
Ich entschied mich, einfach mal zu schwimmen, wird schon passen. Nach kurzer
Zeit wurde ich doch misstrauisch und blieb kurz im Brustschwimmmodus um die
Lage zu checken. Ich suchte mir als Anhaltspunkt das Schloss Maria Loretto, was
lange Zeit gut funktionierte. Dann hat sich eine Ironlady gedacht sie muss
links neben mir schwimmen. Das wäre nicht das Problem gewesen, jedoch drängte
sie mich in die vollkommen falsche Richtung, also setzte ich ein paar stärkere
Arm- und Beinschläge ein, um sie zu überholen und wieder in meine Richtung zu
schwimmen. Das ging dann auch wieder gut – bis sich eine Ferse von einem
Brustschwimmer direkt in mein Gesicht verirrt hatte – Autsch.
Ich schimpfte im Wasser vor mich hin und versuchte dem
Schwimmen endlich ein Ende zu setzen. Im Lendkanal angekommen, schwamm mir
hinten wer auf, ich versuchte stärker zu strampeln um ihn abzuschütteln, was
mir sehr stark zum Verhängnis wurde – ein Krampf im linken Wadl, aber nicht
leicht. Ich drehte mich ganz kurz auf den Rücken und versuchte gegenzudrücken,
das half aber wenig bis gar nichts, deshalb entschied ich mich ohne Beine
weiterzuschwimmen, da beruhigte sich die Lage wieder. Ich freute mich auf den
Schwimmausstieg, da hier ganz viele Leute halfen die ich kannte. Ich stieg
heraus und bekam einen Haufen zurufe der Helfer beim Schwimmausstieg – ab in
die Wechselzone…
…das
Radfahren…
Nach 01:13,56h Schwimmen ging es ab aufs Rad, der Krampf vom
Schwimmen ging nicht einfach so vorbei. Der Muskel krampfte sich nie ganz
zusammen, aber es war immer so ein seltsames Gefühl, welches dann auch ins
rechte Wadl überging, als würde jeden Moment ein Krampf ausbrechen. Ich
ignorierte das einmal, da ich mehr damit zu kämpfen hatte, genug Essen in mich
hineinzuschaufeln. Nur als kleine Rechnung: ich hatte meinen Kalorienverbrauch
so berechnet, dass ich 6 Riegel essen müsste, damit kein großes Kohlenhydrate
Defizit besteht. Im gesamten Rennen schaffte ich 3 Riegel, nicht einmal. Ich
hatte große Bedenken dass sich das negativ auf meine Laufleistung auswirken
würde.
Zum Radfahren allgemein: Die erste Runde lief nahezu
perfekt, ich konnte einen knappen 30km/h schnitt fahren, ich freute mich auf
den Streckenabschnitt vor dem Faakersee, da hier Martins Eltern und Martin
selbst auf mich warteten um mich anzufeuern. Der nächste Punkt war in
Ledenitzen wo eine weitere Verwandtschaft von Martin auf mich wartete und ein
Plakat hatte, was mich noch mehr pushte. Nachdem ich bei der Radwende war kam
das erste Tief und die Frage „Warum“. Ich ärgerte mich ein bisschen über mich
selbst, dass ich die erste Runde so schnell gefahren bin, und mir in der 2. ein
bisschen der Saft ausging, zu dem dazu wurden die Krämpfe etwas schlimmer. Ich
fuhr einfach weiter, mit dem Gedanken dass beim Faakersee mein Schatz auf mich
wartete, dem rief ich dann zu dass ich etwas gegen Krämpfe brauche vorm
Marathon. Er setzte sofort die Welt in Bewegung und schickte meine Leute in Klagenfurt
Magnesium kaufen, ich bin so dermaßen dankbar dafür, ohne dieses Magnesium
hätte das alles anders ausgehen können.
Ich wusste, wenn ich beim Rupertiberg vorbei bin, dann ist
es fast geschafft, noch ein paar kleinere Hügelchen und dann lauft es nur mehr
heim nach Klagenfurt, in die Wechselzone, zum Marathon… verdammt… ein Marathon…
Angekommen am Rupertiberg beim „Holzmichl“ und beim „Roten Pferd“ war ich
überglücklich über den Berg zu sein, ich strampelte vor mich hin und lockerte
die Beine und den Rücken etwas aus. Mental begann ich mich auf den Marathon
einzustellen…
…das Laufen…
Nach 06:18,01h – angekommen, endlich! Bevor ich aufs Laufen
wechselte erinnerte ich mich an die Worte von zwei Ironman Profis, mit welchen
ich die Tage vorm Rennen geredet hatte, um mir Tipps zu holen. Einer davon
sagte: Geh nach dem Radln aufs WC, das wird eine Erleichterung sein. Der andere
sagte: Geh ja nichts aufs WC – lass einfach laufen – die Zeit haben wir nicht.
Ich dachte mir, zum Teufel mit der Zeit, ich will ja einfach nur ins Ziel
(dachte ich mir zu dem Zeitpunkt). Gesagt getan, in der Wechselzone waren alle
WCs schön frei, und dank dem Zweiteiler war die Geschichte zügig erledigt, und
ich konnte mit ruhigem Gedanken auf die Laufstrecke gehen.
Ich fühlte mich als könnte ich fliegen, ich freute mich
sooooviele bekannte Gesichter im Europapark zu sehen. Das ging gut bis KM 15.
Danach wurde es grenzwertig bis KM 25. An diesem Punkt tat einfach nur noch
alles weh und mir ging im Kopf herum: schlimmer kann es jetzt eigentlich nicht
mehr werden. Amüsiert über ein Schild auf den Weg in die Stadt: „Das hier ist
ein IRONMAN, kein Kindergeburtstag – BE STRONG“ lief ich und lief ich und lief
ich. Viel was anderes ist mir auch nicht übrig geblieben. J
Die schlimmsten 3 Kilometer waren von KM 34 bis 37. Mein
linker Fuß begann unheimlich zu schmerzen. Bei jedem Schritt trieb es mir
Tränen in die Augen weil ich einfach nur extreme Schmerzen hatte, einfach nur
Heim wollte, einfach nur Sitzen wollte, einfach nur alles wollte außer Laufen.
Ich schluchzte leise vor mich hin in der Hoffnung es würde einfach bald vorbei
sein. Endlich war ich beim Lindwurm, nur mehr die Lend hinunter und dann bist
du im Ziel, sagte ich mir in Gedanken vor, aber es tat sooo weh. Und dann kam
ein Wendepunkt.
Ich sah eine Konkurrentin aus meiner Altersklasse auf dem
Weg zum Lindwurm. 700 Meter hinter mir also. Ich wusste nicht genau wo ich im
Ranking war, ABER, wenn sie mich jetzt überholen würde, dann würde ich keine
Trophäe bekommen, das berühmte M-DOT. Ich dachte mir, ich kann sie jetzt nicht
vor lassen, sonst muss ich das ganze NOCHEINMAL machen. Ich will dieses M-DOT,
und ich bekomme dieses M-DOT. Dieser Satz schwebte in meinem Kopf, ich begann
wieder schneller zu laufen (das vorher konnte man kaum mehr als laufen
bezeichnen). Die Schmerzen verschwanden, ich bekam Flügel. Ich blickte nicht
mehr auf, die Kappe ließ das Umfeld gut verschwinden und ich lief einfach nur
mehr. Ich will dieses M-DOT, ich bekomme diese M-DOT. Ich war so fokussiert,
dass ich nichts mehr mitbekam. 500 Meter vorm Ziel kam ein guter Freund von mir
zu mir und lief ein Stück mit, ich muss mit Bedauern feststellen, dass ich
leider nicht mehr weiß was er zu mir gesagt hat, ich fragte ihn nur, ob eine
blonde junge Athletin hinter mir ist. Er sagte nein, und dann war die Sache für
mich fast erledigt, nur mehr wenige Meter. Ich konnte es kaum fassen…
…die Finishline…
Nach einer Marathonzeit von 04:55:20 konnte ich in einer
Gesamtzeit von 12:36:21 meinen ersten IRONMAN finishen. Ich hörte in der
Finishline nichts, außer den Moderator, der mich indirekt fragte ob ich morgen
Abend etwas vorhabe, da ich in den TOP 3 meiner Altersklasse bin. Es war besser
als ich es mir je vorstellen konnte. Ich lief nach Hause. Die Cheerleader, die
Spots, die LED Tafeln, die Moderatoren UND… der Finishline Bogen. Da war er.
Nach 226 Kilometern und nach einer über 12 Stunden dauernden Reise.
In der Finishline angekommen nahmen mich Anna und Alex in
die Arme, und Martin, und einfach alle die mich auch die ganze Strecke lang
angefeuert haben. Es war so überwältigend und emotional. Ich bekam Party
Bazookas mit denen man hübsche Konfettis in die Luft wirbeln kann und wurde mit
Pinken Luftschlangen beworfen und von allen Seiten gedrückt und gestützt. Ich
kann es nur noch einmal wiederholen, es war überwältigend.
Es ist nicht real, dass ich den Ironman gefinished habe
(nach wie vor), vor meiner Haustüre. Nach dem Zieleinlauf hörte ich von der
Seite, du fliegst nach Hawaii. Ich widersprach, doch sie hatten Recht. Ich habe
mich für die Weltmeisterschaft qualifiziert. Klingt jetzt total super, am
Sonntag um knapp 20:00 Uhr war es gar nicht so toll, ich dachte mir nur, nicht
schon wieder so viele Strapazen.
Nach 12 Stunden überlegen und Psychoterror (Zitat Andreas
Trimmel) habe ich mich dazu entschlossen die Hawaii Slot anzunehmen und im
Oktober in Kailua-Kona bei der Weltmeisterschaft teilzunehmen…
…die Hawaii
Slot Vergabe…
Ein überwältigendes Ereignis jagt das nächste. Es war nicht
nur großartig gemacht, es war höchst emotional wie sich die Athleten gefreut
haben, als sie ihren Namen hörten, ebenso für mich. Ich fliege nach Hawaii.
…die
Siegerehrung…
5 Stunden später das nächste Ereignis: mit Martin machte ich
mich auf den Weg in den IRONDOME. Ein paar Minuten später kamen Anna, Alex,
Alfi, Chris und Mirco dazu und brachten eine 3 Liter Flasche Sekt – die
Aufmerksamkeit der Nachbartische hatten wir. Als meine Altersklasse dran war,
wurde ich mit allen anderen Siegern auf die Bühne gerufen. Die Frauen bekamen
Blumensträuße und die Männer bekamen Bier ( :D ). Und dann bekam ich endlich
das M-DOT, und es ist noch cooler als ich es mir je erwartet habe. Auf nach
Hawaii !!!